Solitaire Advisory´s Artikel zu "Link 16 und die Zukunft taktischer Kommunikation - Auf dem Weg zum Internet der militärischen Dinge" in der aktuellen Ausgabe von "Europäische Sicherheit & Technik" vom August 2025.
Seit den 1980er-Jahren gilt Link 16 als unangefochtenes Rückgrat der taktischen Konnektivität für die USA, die NATO und verbündete Nationen. Die sicherheitskritische Infrastruktur wurde im Kalten Krieg konzipiert und hat seither viele technologische Evolutionen durchlaufen. Jedoch zwingen die rasante Entwicklung disruptiver Technologien, die steigende Bedeutung umfassender Interoperabilität sowie ein wachsender politischer und ökonomischer Druck im multinationalen Bündnis zu einer strategischen Neuausrichtung.
Link 16 bildet nach wie vor das technologische Herzstück vieler Operationen im Rahmen moderner vernetzter Kriegsführung. Seine Fähigkeit, Entscheidungsbefugnisse an die „Kante“ der Organisation zu verlagern („Power to the Edge“), hat zu einer verbesserten Reaktionsgeschwindigkeit in dynamischen Einsatzlagen beigetragen. Die domänenübergreifende Konnektivität, die Plattformen in Luft, Land, See und Weltraum – einschließlich unbemannter Systeme – miteinander verbindet, ist essenziell für die Echtzeitkoordination komplexer militärischer Operationen. Besonders in Operationen wie „Enduring Freedom“ und „Iraqi Freedom“ wurde deutlich, dass Link 16 nicht nur als Kommunikationsmittel, sondern als strukturierendes Element moderner Gefechtsführung fungiert.
Trotz dieser Funktionalität zeigen sich bei zunehmender Komplexität und Datenlast technische Grenzen. Die niedrige Datenrate limitiert den Datenaustausch hochauflösender Bild- und Sensordaten oder Videostreams. Bei multinationalen Großübungen zeigte sich, dass bei hoher Netzauslastung rund 60 Prozent der Datenübertragungen durch Überlastung verzögert oder blockiert wurden. Darüber hinaus basiert Link 16 auf Sichtlinienkommunikation (Line of Sight) mit einer Reichweite von 200 bis 300 Seemeilen. Der Aufbau von Relaisstationen oder Satellitenverbindungen ist zwar möglich, führt jedoch zu Komplexitätserhöhung und Kapazitätseinbußen.
Ein funktionierendes multinationales Netzwerk wie Link 16 hängt maßgeblich von der Interoperabilität zwischen den beteiligten Systemen und Nationen ab. Trotz Standardisierung gibt es Unterschiede in der Implementierung und den technischen Ausbaustufen. Insbesondere bei gemeinsamen NATO-Übungen, etwa in Polen, Litauen oder Estland, zeigen sich Defizite bei der Netzwerkintegration, Kompatibilität von C2-Systemen und Reaktionszeiten. Die Folge sind Integrationsverzögerungen, plattformspezifische Engpässe und teils massive Effizienzverluste bei taktischen Entscheidungsprozessen.
Ein Kernproblem liegt in der Inkompatibilität mit Legacy-Systemen. Viele ältere militärische Plattformen verfügen weder über native Link 16-Fähigkeit noch über ausreichend Rechenleistung, um moderne Kommunikationsanforderungen zu erfüllen. Der Einsatz von Gateways und Middleware-Lösungen zur Datenkonvertierung erhöht nicht nur die Latenzzeiten, sondern birgt auch neue Angriffsflächen und Fehlerquellen. Besonders in zeitsensitiven Szenarien kann eine Verzögerung von Sekunden entscheidend sein. (...)